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    Wie kann HR den Weg hin zur agilen, zukunftsfähigen Organisation mitgestalten?

    Die meisten Unternehmen finden sich in einem Umfeld des ständigen Wandels wieder.

Immer schneller kommen Veränderungen und damit Probleme auf Organisationen zu, die diese nicht ignorieren kann oder sollte, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein.

Wettbewerber treten in vielen Branchen schneller und mit neuen Geschäftsmodellen auf den Markt, Unplanbarkeit und Unsicherheit steigen, Mitarbeiter und Bewerber der jüngeren Generationen fordern ganz neue Arbeitsbedingungen und bringen veränderte Werte mit ein.

Für diese Herausforderungen brauchen Unternehmen neue Antworten und eine andere Denkweise. Es ist nicht mehr ausschlaggebend, wer einen Wissens-, Ressourcen- oder Kapitalvorsprung hat, sondern viel wichtiger, die Organisation möglichst anpassungsfähig zu gestalten. Agilität bedeutet letztlich, die Organisation so zu gestalten, dass sie mit ständigen Veränderungen gut umgehen kann.

Das ist nicht immer leicht und erfordert einen längeren Prozess, aber es ist möglich.

HR kann und sollte in der agilen Transformation eine gestaltende und sehr spürbare Rolle einnehmen und damit die menschenzentrierte Organisation gestalten, die den meisten Personaler:innen von Grund auf sehr am Herzen liegt.

In diesen vier Feldern können HR-Teams neben ihrem „daily doing“ eine wesentliche gestaltende Rolle spielen:

 

Begleitung von Führungskräften

In klassisch aufgestellten Unternehmen sammeln sich Macht und Verantwortung bei einzelnen Individuen. Wer „Karriere machen“ möchte, muss meist Personalverantwortung übernehmen, ob ihm oder ihr das nun liegt oder nicht. Der Status Führungskraft bringt häufig ein höheres Gehalt, mehr Ansehen, einen Wissensvorsprung (Führungskräfte sind früher und detaillierter informiert) und Privilegien (Dienstwagen, etc.) mit sich, so dass eine Führungskraft allein schon aus diesen Gründen an ihrer Machtposition festhalten wird, bspw. indem sie Wissen zurückhält oder das eigene Ego vor die Sache an sich gestellt wird. Das ist allerdings für eine Organisation, die sich schnell an veränderte Bedingungen anpassen muss, absolut hinderlich.

Im agilen Kontext verändert sich das Verständnis von Führung: agile Organisationen brauchen nicht mehr die eine Führungskraft, die qua Status berufen ist, Weisungen zu erteilen, sondern das Verständnis, dass Führung eine Dienstleistung an die Mitarbeiter ist. Führung ist dafür da, den Rahmen zu schaffen, damit Mitarbeiter möglichst wirksam, selbstverantwortlich und kundenzentriert arbeiten können.

Es gibt verschiedene Felder, in denen Führung stattfindet: fachliche Führung (wer ist Experte für ein Thema?), prozessuale Führung (wer hat den Prozess im Blick?), organisatorische Führung (wer ist für die Team-Organisation verantwortlich?), Lernen & Reflektieren (wer achtet darauf, dass das Team aus den Erfahrungen lernt und regelmäßig über sein Handeln reflektiert?), etc.

Diese Aufgaben werden rollenbasiert auf unterschiedliche Personen verteilt, die je nach Bedarf jederzeit wechseln können. Wichtig ist, dass die Übernahme dieser Führungsaufgaben keine Auswirkungen auf Status & Privilegien hat.

„Damit jemand führen kann, müssen andere (freiwillig) folgen.“

Diese Veränderung kann insbesondere für die Führungskräfte im klassischen Kontext eine echte Herausforderung sein, die vor allem eine „inner work“, also eine Arbeit am eigenen Menschenbild und Wertesystem, ist.

Allerdings sind es häufig die Führungskräfte, die durch die Art, wie sie mit der Abschaffung ihres alten, eigenen Rollenbildes umgehen, entweder Treiber oder Hindernis für die agile Transformation sein können.

Hier kommen Personaler:innen ins Spiel, denn sie können einen großen Beitrag leisten, indem sie sich dieses Handlungsfeldes bewusst sind und die Führungskräfte bei dieser persönlichen Entwicklung aktiv begleiten, Coaching anbieten und Raum zum Austausch mit anderen Führungskräften organisieren, die diesen Weg bereits gegangen sind.

Anpassung der Personalinstrumente

Die Personalprozesse und -tools, die im klassischen Organisations- und Führungsverständnis genutzt wurden, stehen häufig im Widerspruch zum „Mindset“ von agilen Organisationen.

Ein paar Beispiele:

Individuelle Zielvereinbarungen: Agile Organisationen sehen sich in einem komplexen Umfeld. Das Wesen von Komplexität ist, dass es sich nicht messbar in einzelne Bestandteile zerlegen lässt.

Einzelleistung ist also nicht objektiv ermittelbar, so dass individuelle Zielvereinbarungen nicht sinnvoll sind.

Jährliche Mitarbeiterbeurteilung: Um anpassungsfähig zu bleiben und schnell reagieren zu können, sollten Unternehmen in kürzeren Zyklen denken – häufig wird die Planung nur für wenige Wochen gemacht, in denen dann sowohl Umsetzung als auch Reflektion stattfinden. Teams und Individuen lernen also in schnellen, kleinen Schritten, und das hierfür so wichtige Feedback braucht es ebenso häufig. Eine jährliche Mitarbeiterbeurteilung führt am Bedarf vorbei.

Fixe Stellen- und Gehaltsmodelle: zunehmend individualisierte Bedürfnisse der Mitarbeiter, flexible Übernahme von Verantwortung und die Notwendigkeit, dass sich Teams schnell selbst organisieren können, braucht ein anderes Konzept als das Stellenprofil mit festen Aufgaben und Anforderungen. Ebenso sind an Hierarchieebenen geknüpfte Gehälter kontraproduktiv zu der Notwendigkeit verteilter Führung.

Personaler:innen sollten diese HR-Instrumente immer wieder kritisch beleuchten, und hinterfragen, auf welchen Annahmen diese beruhen:

Müssen Menschen durch Boni etc. motiviert werden oder sind sie bereits intrinsisch motiviert? Muss Personal „von außen“ entwickelt werden, oder entwickelt sich jemand immer aus sich selbst heraus? Wer und wie maßt sich an, Einzelleistung zu bewerten und ist diese Person der Empfänger der Leistung? Braucht es Stellenbeschreibungen mit einem definierten Aufgabenumfang oder wissen Mitarbeiter:innen recht gut von selbst, welche Aufgaben für die aktuellen Herausforderungen zu erledigen sind?

HR-Instrumente wirken mehr, als wir uns dessen manchmal bewusst sind. Sie bringen ein Menschenbild zum Ausdruck, dass hilfreich oder eben auch sehr hinderlich sein kann. Sie sollten daher immer wieder mit der Entwicklung des Unternehmens angepasst werden, und können ebenfalls in kleinen Schritten ausprobiert und mit den Betroffenen reflektiert und überarbeitet werden. Wichtige Stichworte sind hier Versuch & Reflektion. Wenn etwas mal nicht passt, behält man es eben nicht.

Beratung von Individuen & Teams

Im Rahmen der agilen Transformation einer Organisation finden Veränderungen auf allen Ebenen statt. Unsicherheiten entstehen, Bedenken, Gesprächsbedarf, aber auch Ideen und Anregungen bei Kolleg:innen als auch bei Teams.

Personaler:innen können hier beratend und unterstützend einen großen Beitrag leisten, indem sie Gesprächsräume öffnen, Möglichkeiten aufzeigen, Teams untereinander vernetzen, um Erfahrungen auszutauschen und für eine vertrauensvolle Umgebung sorgen, in der individuelle Bedürfnisse Platz finden und neue Methoden ausprobiert werden können und dürfen.

Die HR-Aufgaben waren klassischerweise eher von Steuerungs-, Zentralisierungs- und Standardisierungs-Gedanken geprägt: wie kann der Recruiting-Prozess über alle Fachbereiche hinweg vereinheitlicht werden? Wie können wir dafür sorgen, dass alle Mitarbeiterbeurteilungen nach dem gleichen Schema ablaufen und damit vergleichbar sind?

Unternehmen, die sich kundenzentrierter aufstellen und sich mehr „vom Markt“ führen lassen anstatt von innen heraus einen engen Rahmen zu definieren, werden spüren, dass „one-size-fits-all“-Lösungen nicht gefragt sind, sondern vielmehr die Individualität der Zielgruppe berücksichtigt werden muss.

Das gilt genauso auch für die internen Kunden von HR, nämlich Bewerber und Mitarbeiter. Da kann es sein, dass ein Team bereits ganz selbstorganisiert „Peer Recruiting“ betreiben möchte (also selbst auf die Suche nach neuen Mitarbeitern gehen möchte) und ein anderes Team stattdessen einen Vertreter definiert, der über die Einstellung entscheidet.

Personaler:innen können hier einen wichtigen Beitrag leisten, wenn sie diese Individualisierung wertschätzen und sich primär als Service-Team sehen, um den einzelnen Teams und Menschen zur für sie passenden Lösung verhelfen bzw. Beratung geben.

Das früher vorherrschende Verständnis von zentraler Steuerung und Kontrolle durch HR ist im komplexen und dynamischen Umfeld weniger passend und sollte in den Hintergrund treten.

Vorbild leben und aufklären

HR-Teams sollten selbst die agile Haltung, Werte und agile Methoden verinnerlicht haben und diese in ihrer täglichen Arbeit verankern.

Insbesondere der Blick auf die eigene Organisation, ein gutes Verständnis für den Beitrag von HR zum gesamten Unternehmen, sowie Werte und das vorherrschende Menschenbild sollten HR-Teams für sich klären und immer wieder besprechbar machen.

Um auch als HR-Team anpassungsfähig und kundenzentriert zu arbeiten, sollten sich Personaler:innen auch selbst der agilen Haltung verschreiben, also z.B. folgende Dinge ausprobieren:

  • Kunden (Mitarbeiter:innen, Bewerber:innen, Endkunden) ins Zentrum des Handelns zu rücken
  • die eigene Arbeit und den eigenen Wertbeitrag im gesamten Unternehmen sichtbar machen
  • wertschätzende und menschenzentrierte Kommunikation pflegen
  • Individualität willkommen heißen und Standardisierung nur da einsetzen, wo es sinnvoll ist
  • Abstand von dem „one-size-fits-all“-Gedanken nehmen
  • Fehler als Lernerfahrungen ansehen, aktiv darüber sprechen und damit zu einer Vertrauenskultur beitragen
  • die eigene Teamstruktur an veränderte Bedarfe anpassen und Veränderungen sichtbar machen
  • Kompetenzen im Hinblick auf agile Organisationsentwicklung / Systemisches Coaching, etc. aufbauen
  • Agile Methoden ausprobieren, in kurzen Iterationen arbeiten, regelmäßig reflektieren

Es gibt einige Angriffspunkte, um im Unternehmen agiler zu sein und agiler zu arbeiten. Natürlich setzen sich diese Punkte nicht von heute auf morgen um, und es wird viele Herausforderungen geben. Nichtsdestotrotz sollte man keine Scheu haben, es einfach mal auszuprobieren und dann auch von seinen Erfahrungen zu berichten.

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