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    Arbeitsrecht: Dürfen Recruiter:innen Bewerbende googlen?

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    Arbeitsrecht: Dürfen Recruiter:innen Bewerbende googlen?

    Klar, der Umgang mit Bewerbenden gehört zu deinen täglichen Aufgaben selbstverständlich dazu.

Und es ist auch völlig logisch, dass du möglichst viel über deine Bewerber:innen erfahren möchtest, wenn es darum geht, einzuschätzen, ob diese Personen zu eurem Unternehmen und den ausgeschriebenen Stellen passt. Es gilt aber auch hier die Persönlichkeitsrechte, die DSGVO, das Bundesdatenschutzgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz einzuhalten.

Bewerbende googlen: Ist das erlaubt?

Die Antwort erinnert an eine Songzeile der Band Fettes Brot: „Soll ich´s lieber machen oder lass ich´s lieber sein“: „Jein!“ Auch wenn niemand überprüfen kann, ob du als Personaler:in deine Bewerbenden googelst, solltest du dich natürlich stets an Recht und Gesetz halten.

Das Googlen stellt auch bis zu einem gewissen Grad kein Problem dar – Informationen, die der Bewerbung dienlich sind, beispielsweise Nachweise zu Qualifikationen oder sogar Arbeitsproben dürfen eingesehen werden. Hierbei müssen Recruiter:innen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und § 26 Abs.1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beachten. Eine Recherche von personenbezogenen Daten eines Bewerbenden ist gemäß § 26 Abs.1 BDSG nur erlaubt, wenn sie für die Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich und angemessen ist.

Stellen wir uns vor, dass sich eine Person auf eine ausgeschriebene Stelle als „Content Creator:in (m/w/d)“ beworben hat. Diese Person führt privat einen Blog, aber reicht einige Artikel als Beweis seines/ihres schreiberischen Könnens ein, so ist es in Ordnung, wenn du dich als Personaler:in noch etwas intensiver auf dem Blog umschaust.

Gelangst du dabei allerdings zu privaten Social Media Profilen, so ist es nicht zulässig, diese Informationen in die Bewertung einzubeziehen – diese Netzwerke sind nämlich freizeitorientiert und die Inhalte spielen für die Arbeit erstmal keine Rolle. Eine Ausnahme bilden daher die beruflichen Netzwerke Xing und LinkedIn, weil diese speziell im beruflichen Kontext genutzt werden.

Vielleicht kann man sich ein Ampelsystem zur Hilfe vorstellen:

Grün ist alles, was für die Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich und angemessen ist.

Gelb sind alle „frei zugängliche Daten“ im Internet, wenn keine Persönlichkeitsrechte der Betroffenen entgegenstehen. Oder auch personenbezogene Daten, die Bewerbende selbst in berufliche Netzwerke wie XING oder LinkedIn gestellt haben. In beiden Fällen sollten Arbeitgeber aber eher Zurückhaltung üben.

Rot wird es, wenn aus den personenbezogenen Daten ein Persönlichkeitsprofil gebildet wird oder wenn Daten aus sozialen Netzwerken gezogen werden, die in erster Linie freizeitorientiert sind, wie beispielsweise Instagram und Facebook.

Einwilligung vorausgesetzt

Möchtest du dich weiter über die Online-Identität eines Bewerbenden informieren, so benötigst du eine Einwilligung. Jede:r Bewerbende hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sprich er/sie muss einwilligen, welche personenbezogenen Daten von ihm/ihr verarbeitet werden dürfen.

Du darfst somit – ohne Einwilligung eines/einer Bewerbenden – nur die Daten überprüfen, die beispielsweise im Lebenslauf genannt sind, aber keine, die darüber hinausgehen. Wobei wir auch hier mit der Formulierung aufpassen müssen: Gegen die Recherche in den oben beschriebenen engen Grenzen ist wenig einzuwenden: Problematisch wird es vor allem, wenn diese Informationen Artikel 3 des Grundgesetzes berühren und die Entscheidung der Recruiter:innen beeinflussen.

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Schadensersatzansprüche möglich

Der obigen Rechtsgedanke aus Art. 3 des Grundgesetzes wurde vom nationalen Gesetzgeber so umgesetzt, dass das berühmte Allgemeine Gleichbehandlungssetzt (AGG) seit 2006 Arbeitnehmenden und Bewerbenden die Möglichkeit gibt, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, wenn sie diskriminiert werden.

Bemerkt ein:e Bewerber:in im Vorstellungsgespräch, dass über ihn/sie vorab online recherchiert wurde und kommen dabei private Themen zu Sprache, so sollte der/die Bewerbende das direkt ansprechen und anschließend inhaltlich nicht darauf eingehen.
Sollte ein:e Bewerber:in wegen einer der o.g. Merkmale nicht eingestellt werden, so kann er/sie berechtigterweise Schadensersatzansprüche aufgrund einer Diskriminierung stellen.

Bewerbende googlen: Fazit

Ein absolutes No-Go ist natürlich der Verstoß gegen das AGG, nämlich die Diskriminierung von Bewerbenden aufgrund von Rechercheergebnissen beim Googlen.

Außerdem gilt es, stets die Privatsphäre der Bewerbenden zu wahren. Die DSGVO verlangt bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten, dass sie rechtmäßig erworben wurden – z.B. aufgrund einer Einwilligung. Ansonsten ist die Recherche rechtswidrig und es besteht die Gefahr von Bußgeldern und Schadensersatzansprüchen für die Arbeitgeber.

Beim Googlen von Bewerbenden sollten sich Recruiter:Innen letztlich auf das unproblematisch Zulässige beschränken. Sie sollten sich fragen: „Ist die recherchierte Information tatsächlich auch für die Frage nach einer beruflichen Eignung meines/meiner Bewerbers/Bewerberin für die konkrete Stelle geeignet, erforderlich und angemessen?“

Um sich hier nicht hinter rechtlichen Formulierungen zu verstecken: Recruiter:Innen können ganz konkret folgenden Maßstab zu Grunde legen: Möchte ich selbst, dass z.B. die Bewerbenden meine privaten Social Media Aktivitäten derart durchleuchten, bevor sie mit mir sprechen? Sicher nicht. Ein Blick auf das öffentliche LinkedIn- oder XING Profil ist ok, private Aktivitäten auf Instagram oder Facebook zu checken hingegen sicher nicht.

Zur Videoreihe: „Dürfen Recruiter:innen Bewerbende googlen?“

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