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    Arbeitsrecht: Probezeit und Probearbeit

    Fast jede:r neue Arbeitnehmende kennt die Probezeit aus seinem Vertrag. Doch welche Regelungen gelten eigentlich dabei?

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Wie lange darf eine Probezeit dauern und wie verhält es sich mit dem Mythos, dass Arbeitnehmende in dieser Zeit keinen Urlaub nehmen dürfen, und was passiert bei Krankheit? Ähnliche Fragen stellen sich für das Probearbeiten, das viele Unternehmen mit potenziellen neuen Teammitgliedern vereinbaren. Wir beleuchten beide Fälle.  

Probezeit

Probezeit: Einige Fakten

Was ist überhaupt eine Probezeit? Diese wird seitens des Arbeitgebers im Vertrag festgehalten und dient dazu, die Eignung des Arbeitnehmenden noch einmal zu überprüfen. Mittlerweile kann man aber sagen, dass beide Seiten prüfen, ob eine zukünftige, langfristige Zusammenarbeit wirklich vorstellbar ist. Auch Arbeitnehmende entscheiden in dieser Zeit, ob sie bei diesem Unternehmen bleiben möchten und stellen sich in dieser Zeit möglicherweise folgende Fragen:

  • Ist dies mein Traumjob?
  • Fühle ich mich in diesem Arbeitsumfeld wohl?
  • Komme ich mit meinen Aufgaben gut zurecht?
  • Kann ich mir diesen Arbeitsplatz langfristig vorstellen?

Die Probezeit darf nach §622 Abs. 3 BGB maximal 6 Monate dauern. Es steht Arbeitgebern allerdings frei, die Probezeit deutlich kürzer anzusetzen oder gar nicht zu nutzen. Nur bei einer Berufsausbildung ist durch § 20 Berufsbildungsgesetz eine Probezeit vorgeschrieben. Die Verkürzung der Probezeit ist grundsätzlich möglich, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer früher einig sind. Wichtig dabei: Erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit gilt der reguläre Kündigungsschutz – also auch, wenn die Probezeit verfrüht beendet wurde.

In der Probezeit kann ein Arbeitsverhältnis einfacher gelöst werden als außerhalb dieser Zeit, nämlich innerhalb von zwei Wochen (laut § 622 Abs. 3 BGB) und ohne Angabe von Gründen. Erst nach der Probezeit genießen Arbeitnehmende den allgemeinen Kündigungsschutz nach  §1 KSchG.

Probezeit und Krankheit

Es ist ein Mythos, dass Arbeitnehmende kein Geld mehr erhalten, wenn sie während der Probezeit krank werden. Zu beachten ist allerdings, dass das Gehalt erst nach einer Betriebszugehörigkeit von vier Wochen weitergezahlt wird. Besteht das Arbeitsverhältnis weniger als vier Wochen, springt die Krankenkasse mit Krankengeld ein – es ist also essenziell, bei Krankheit einen Arzt/eine Ärztin aufzusuchen und sich krank zu melden. Wichtig für Arbeitnehmende zu wissen: Die Probezeit darf durch die Krankheitstage nicht einfach verlängert werden; dies ist nur in Ausnahmefällen und mit Zustimmung des Arbeitnehmenden möglich.

Probezeit und Urlaub

Ein weiterer Mythos, der sich hartnäckig hält, ist, dass Arbeitnehmende während der Probezeit keinen Urlaub nehmen dürfen. Es ist richtig, dass der Anspruch auf vollen gesetzlichen Urlaub erst nach Ablauf der Probezeit beginnt (§ 4 BurlG). Allerdings erwirbt jede:r Mitarbeitende mit jedem Monat Betriebszugehörigkeit 1/12 seines/ihres Jahresurlaubs und kann diesen somit schon während der Probezeit nutzen.

Ähnlich sieht es bei Sonderurlaub (§ 616 BGB) aus: Steht beispielsweise die eigene Hochzeit an, ist dies ein triftiger Grund, Sonderurlaub zu nehmen.

Probezeit: Kurzes Fazit

So schlimm, wie sich eine Probezeit im Vertrag häufig liest, ist sie in der Realität meist gar nicht. Arbeitnehmende müssen nicht befürchten wegen Krankheit gekündigt zu werden und sie dürfen durchaus Urlaub nehmen. Die Probezeit sollten sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber als Chance begreifen, sich besser kennenzulernen und sich aufeinander einzustellen.

Probearbeit

Probearbeit: Zur Einordnung

Die Probearbeit ist völlig anders zu verstehen als die oben beschriebene Probezeit. Bei der Probearbeit gibt es noch kein vertraglich festgehaltenes Arbeitsverhältnis – es geht vielmehr darum, vor möglichem Arbeitsbeginn festzustellen, ob sich beide Parteien eine Zusammenarbeit vorstellen können und den Eindruck aus dem Erstgespräch zu vertiefen. Einerseits können Arbeitgeber die Probearbeit nutzen, um die Eignung des potentiellen neuen Teammitglieds zu testen und andererseits sollte der/die Kandidat:in auch einen besseren Eindruck des Arbeitgebers und des zukünftigen Teams und der Aufgaben gewinnen.

Wichtig hierbei: Die Probearbeit dient zwar für den Arbeitnehmenden dazu, die praktischen Aufgaben kennenzulernen, allerdings darf er/sie nicht aktiv mitarbeiten – er ist offiziell nämlich (noch) keine Arbeitskraft.

Die Probearbeit muss nicht bezahlt werden – der Arbeitgeber kann aber eine Aufwandsentschädigung gewähren, beispielsweise für Fahrtkosten und Verpflegung.

Rechtlich kann bei der Probearbeit auch von einem Einfühlungsverhältnis gesprochen werden – dieses liegt vor, wenn keine Rechten und Pflichten vereinbart wurden. Auch begrifflich trifft es zu, da es beidseitig darum geht, sich besser kennenzulernen.

Dauer der Probearbeit

Es gibt keine rechtliche Regelung, wie lange die Probearbeit dauern darf. Allerdings sind ein paar Tage gängig und Expert:innen empfehlen, eine Woche nicht zu überschreiten. Um die Umstände für das potenzielle neue Teammitglied möglichst gering zu halten, sollte ein Probearbeitstag ausreichen – gerade, wenn sich der/die Arbeitnehmende noch in einem Arbeitsverhältnis befindet.

Auch wenn es noch keinen Vertrag gibt, sollte die Probearbeit einmal schriftlich dokumentiert werden. Sinnvoll ist auch eine Geheimhaltungsvereinbarung unterschreiben zu lassen, damit nach der Probearbeit keine sensiblen Informationen nach außen dringen.

Risiken für den Arbeitgeber

Es ist grundsätzlich zulässig, Bewerbende zum Probearbeiten einzuladen. Allerdings sollten gewisse Dinge seitens des Unternehmens dabei unterlassen werden:

  • Arbeitskleidung verlangen
  • Bestimmte Arbeitszeiten festlegen
  • Bestimmten Arbeitsort festlegen
  • Bestimmte Tätigkeiten verlangen

Sollte es zu diesen Dingen kommen, gehen de Arbeitsgerichte immer davon aus, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Kommt es anschließend zu einem Rechtsstreit, kann das für den Arbeitgeber problematisch werden. Kann der Arbeitnehmer (durch die o.g. Vorkommnisse) nachweisen, dass die Probearbeit eher ein Arbeitsverhältnis war, muss der Arbeitgeber die geleistete Arbeitszeit entlohnen.

Versicherung während der Probearbeit

Bewerbende sind während der Probearbeit nicht sozialversicherungspflichtig. Sollte das Unternehmen zu Schaden kommen, greift die private Haftpflichtversicherung des Bewerbenden. Hat dieser während der Probearbeit einen Unfall, greift normalerweise nicht die gesetzliche Unfallversicherung. Auch in diesem Fall haftet die private Haftpflichtversicherung. Anders ist es, wenn Bewerbende durch die Vermittlung der Arbeitsagentur zum Arbeiten auf Probe kommen – dann sind die Arbeitnehmenden durch die Arbeitsagentur abgesichert.

Probearbeit: Kurzes Fazit

Bittet ein Arbeitgeber zur Probearbeit, sollte sich ein:e Arbeitnehmende darüber freuen – es steht für echtes Interesse. Natürlich ist die Organisation des Probearbeitens mit einem gewissen Aufwand verbunden, wenn der Arbeitnehmende sich noch in einem aktiven Arbeitsverhältnis befindet, allerdings sollte er/sie dies als Chance begreifen, das Unternehmen und vor allem das zukünftige Team besser kennenzulernen.

Zur Videoreihe: Probezeit

Zur Videoreihe: Probearbeit

Quellen:

https://www.arbeitsvertrag.org/probezeit/

https://karrierebibel.de/probezeit/

https://de.indeed.com/karriere-guide/karriereplanung/probearbeiten?aceid=&gclid=CjwKCAjwhdWkBhBZEiwA1ibLmHIh2Fg1H5LBvC5mf2UwJPcGv71RSjKa1VtSCDS7deFAmktlPoyt2xoCCH8QAvD_BwE&gclsrc=aw.ds

https://arbeits-abc.de/probearbeit/

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