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    Quiet Firing – ein HR-Trend?

    Quiet Firing – ein Schlagwort, das alle, die im HR-Bereich unterwegs sind, in den letzten Monaten schon einmal gehört haben.

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Aber was bedeutet es überhaupt? Und ist Quiet Firing tatsächlich ein HR-Trend der aktuell vermehrt stattfindet?

Einordnung von Begrifflichkeiten: Quiet Firing, Quiet Quitting und stille Kündigung

Wir sind in unserem letzten HR-Trend-Artikel schon auf den Begriff des Quiet Quitting eingegangen. Häufig werden beide Begriffe synonym verwendet, obwohl sie etwas völlig anderes beschreiben.

Quiet Quitting geht eher vom Arbeitnehmenden aus, nämlich indem er/sie keine großen Mühen mehr investiert und nicht bereit ist, private Zeit für die Arbeit aufzuwenden. Es ist aber auch nicht mit dem deutschen Begriff „stille Kündigung“ zu verwechseln. Dieser beschreibt, dass Arbeitnehmende sich innerlich bereits verabschiedet haben und gedanklich schon bei einem neuen Unternehmen sind.

Quiet Firing hingegen geht vom Arbeitgeber aus –  es beschreibt das Verhalten von Manager:innen und Vorgesetzten, die auf subtile Weise versuchen, Arbeitnehmende durch Frustration zur Kündigung zu bewegen. Dies kann durch verschiedene Maßnahmen geschehen, beispielsweise:

  • Zuteilung von unbeliebten oder unnötigen Aufgaben
  • Reduzierung der Arbeitszeit oder Ignoranz von Überstunden
  • Keinerlei Optionen zum Aufstieg / keine Zuteilung von komplexen Projekten
  • Unfreiwillige Versetzung
  • Keinerlei Feedback oder nur negative Kritik
  • Bloßstellung des Arbeitnehmenden während der täglichen Arbeit
  • Ignoranz von Ideen
  • Keine Gehaltserhöhung

Die Grenze zum Mobbing ist bei dieser Art des Verhaltens, je nach Ausprägung, übrigens nicht klar zu ziehen. Es wird auch zu keiner Zeit offen ausgesprochen, dass ein:e Mitarbeitende gehen soll, das Ganze findet unterschwellig statt.

Zusammenhang von Quiet Firing und stiller Kündigung

Zwischen den beiden Begriffen kann ein gewisser Zusammenhang festgestellt werden: Wenn Arbeitgeber bemerken, dass ihre Mitarbeitenden eine stille Kündigung vollziehen, also nicht mehr bei der Sache sind, ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erledigen oder ihrer Arbeitszeit nicht nachkommen, reagieren sie mit Verhaltensmustern, die dem Quiet Firing zugeschrieben werden können. Durch subtile Schikane sollen die unerwünschten Arbeitnehmenden zu einer wirklichen Kündigung bewegt werden. Häufig nutzen Arbeitgeber diese Technik, um keine Abfindung zahlen zu müssen. Hinzu kommt der rechtliche Aspekt: Mitarbeitende außerhalb der Probezeit genießen einen Kündigungsschutz, was bedeutet, dass sie nicht grundlos entlassen werden können. Quiet Firing ist dann ein Weg, unliebsame Mitarbeitende trotzdem loszuwerden.

Diese Verhaltensmuster sind auf beiden Seiten nichts, worauf Unternehmen stolz sein können. Wenn Arbeitnehmende sich vermehrt zurückziehen und ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen, ist das der Organisation gegenüber nicht fair. Mit Gemeinheiten und Unfairness darauf zu reagieren ist aber ebenfalls nicht richtig – die Aufgabe des Arbeitgebers sollte in solchen Fällen sein, herauszufinden, was mit den Arbeitnehmenden los ist. Vielleicht gab es ein schlimmes, privates Ereignis, was dieses Verhalten ausgelöst hat und bei dem unterstützt werden kann. Vielleicht werden auch die fachlichen Aufgaben nicht mehr als erfüllend empfunden, weswegen eine interne Umorientierung in Frage kommt. In jedem Fall sollte miteinander gesprochen werden – frustriertes Schweigen hilft in diesem Fall niemandem weiter. Betroffene sollten allerdings vorsichtig sein, gleich beim ersten Gespräch den Vorwurf des Quiet Firings in den Mund zu nehmen – trifft dies nämlich nicht zu, könnte das die weitere Zusammenarbeit negativ beeinflussen. Hilft eine direkte Ansprache des Vorgesetzten übrigens nicht, muss die nächsthöhere Ebene eingeschaltet werden.

Was können Betroffene tun?

Wichtig ist, dass Arbeitnehmende erkennen, dass nicht sie Schuld an diesem Verhalten sind – sie müssen verstehen, dass die Vorgesetzten ein Fehlverhalten an den Tag legen. Betroffene können versuchen, sich an vertraute Kollegen und Kolleginnen zu wenden oder, sofern vorhanden, den Betriebsrat konsultieren. Idealerweise wird alles dokumentiert, sollte es zu einer Auseinandersetzung, möglicherweise sogar vor Gericht, kommen.

In den meisten Fällen ist wahrscheinlich der beste Weg, einen Jobwechsel in Betracht zu ziehen. Dieser sollte aber in Ruhe angegangen werden, schließlich kann der alte Arbeitgeber noch solange „genutzt“ werden, bis wirklich gekündigt wurde.

Ist Quiet Firing denn nun ein aktueller Trend?

Nein, finden wir. Der Begriff geistert zwar durch die Medienlandschaft und natürlich kann es vereinzelt vorkommen, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden schlecht behandeln, einen Trend sehen wir allerdings nicht. Es ist doch eher gängige Praxis, dass Unternehmen, die bestimmte Kollegen und Kolleginnen loswerden wollen, den aktiven Weg eines Gesprächs wählen. Schließlich können sie sonst nicht sicher sein, dass die Person wirklich geht. Möglicherweise entwickeln diese Mitarbeitenden auch eine gewisse Ignoranz und halten den Zustand der Frustration noch Monate aus.

Möglicherweise ist ein o.g. Verhalten eines Arbeitgebers aber auch nicht immer mutwillig, sondern eher ein Zeichen von schlechter Führungskompetenz oder eines zu vollen Terminkalenders. Nur weil ein:e Mitarbeitende:r nicht zu einem Meeting eingeladen wird, heißt dies nicht, dass er/sie ignoriert wird, sondern möglicherweise nur im Einzelfall übersehen wurde.

Quiet Firing kann also stattfinden, muss aber genau beobachtet werden, bis dieser Vorwurf wirklich zur Sprache kommt. Im Falle eines Quiet Firings, kann die Lösung nur sein, dass sich Mitarbeitende nach Alternativen umsehen – in allen anderen Fällen helfen offene Gespräche.

Foto von cottonbro studio: https://www.pexels.com/de-de/foto/person-die-mit-kreide-auf-tafel-schreibt-3825306/

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