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    Raus ins Rampenlicht – Look and Feel von Stellenanzeigen

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    Raus ins Rampenlicht – Look and Feel von Stellenanzeigen

    Beim Wie und Wo der Platzierung von Stellenanzeigen lauern Missgriffe und Fehleinschätzungen. Was Recruiter bedenken sollten, bevor sie die offene Vakanz auf den Laufsteg des Internets schicken, diskutierten die E-Recruiting-Experten beim Round Table der Personalwirtschaft.

Sie ringen um Beachtung – die rund eine Million Online-Stellenanzeigen, die von passenden Adressaten wahrgenommen werden sollen. Damit Scheinwerferlicht auf das Stellenangebot fällt, müssen mindestens Jobtitel, Inhalt, Design und Usability auf die Online-Suche passgenau zugeschnitten sein. Doch das allein reicht oft nicht, um in der Masse aufzufallen. Da anders als im Printmedium nicht die Größe der Anzeige für Aufmerksamkeit sorgt, müssen Recruiter alternative Wege wählen. Ein schwieriges Unterfangen. Bislang lautet das Urteil der Jobsuchenden: „Ziemlich viel Dunkelheit in Stellenausschreibungen“ (siehe Seite 32 in diesem Heft). Der düstere Gesamteindruck entsteht durch unverständliche Jobtitel, fehlende Mobilfähigkeit und immer gleiche Inhalte. Wenig schmeichelhaft reagieren Jobsuchende im Netz mit „Bullshit-Bingo für Stellenanzeigen“, das mit den auswechselbaren Attributen wie „abwechslungsreich“, „spannende Aufgaben“, „beste Perspektiven“ und „hoch innovativ“ spielt und darüber hinaus sinnlose Jobtitel kreiert.

©fizkes / www.shutterstock.com
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Ohne Zweifel, eine ansprechende Stellen-anzeige ist eine Kunstform für sich. Diese sollte sowohl Muss-Qualifikationen als auch Kann-Anforderungen enthalten, die Attraktivität des Jobs als auch des Arbeitgebers vermitteln, notwendige aber nicht überflüssige Links zur Vertiefung sowie Interaktionsmöglichkeiten bieten und zu guter Letzt auch noch den Funken Begeisterung transportieren. Gleichzeitig setzt die multimediale Verbreitung kreativen Anzeigen Grenzen, sodass eine paradoxe Aufgabenstellung entstanden ist: „Einerseits muss die Darstellung einfach sein, weil die Kandidaten sie auf allen Kanälen, auch den mobilen, sehen wollen“, konstatiert Dr. Katrin Luzar, Senior Manager PR & Content DACH von Monster. Andererseits ermöglichen die technischen Möglichkeiten heute, „eine kleine Website mit Menüpunkten für Fotos, Videos und Interaktionsmöglichkeiten“ zu komponieren. Das gefällt Unternehmen, die auch Employer-Branding- Aspekte darstellen möchten. Doch was wollen die Jobsuchenden?

Zwischen „old fashioned“ und „overtechnification“

Die große Masse der Stellenanzeigen hat sich seit Jahrzehnten kaum verändert, zumindest hinsichtlich des Inhalts der Ausschreibung. Darin sind sich die E-Recruiting-Spezialisten einig. Allerdings hat sich die Fülle des Contents reduziert, doch „die Informationsdichte wird größer“, stellt Frank Hensgens fest. Häufig in Vergessenheit gerate dabei, dass die Aufmerksamkeitsspanne der Nutzer kurz ist – sie liegt bei acht Sekunden, so der CEO von Indeed Deutschland. Deshalb rät er, „in der Stellenanzeige schnell auf den Punkt zu kommen“. Hört sich einfach an, erfordert jedoch Wortgewandtheit und viel Disziplin, um den Spagat zwischen Usability und Content zu schaffen sowie den Erwartungen der Bewerber sowie den Wünschen der Arbeitgeber gerecht zu werden.

Wie viele Infos eine Stellenanzeige transportieren sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Viele Jobportale bieten heute sogenannte Employer-Branding-Anzeigen an, also Anzeigen mit mehreren Menus für das Unternehmensprofil, Fotos oder ein Video. Die Erfahrung von Wolf- gang Tomek, CEO, d.vinci Personalmarketing: „Das wollen Bewerber nicht sehen, sie bevorzugen die klassische Stellenanzeige, in der alle Infos auf einen Blick verfügbar sind.“ Gerne als Aufzahlung, auch mit der Erwähnung besonderer Arbeitgeberleistungen und einer einfachen Möglichkeit, sich über einen Button zu bewerben.

Anders die Erfahrung bei meinestadt.de. Das Jobportal arbeitet mit einem adaptiven Design, bei dem der Nutzer verschiedene Reiter auffalten kann, um seinen weitergehenden Informationsbedarf über Videos, das Unternehmensprofil und anderes schnell zu decken. Andreas Matthies, Head of Job Market: „Dieses Angebot nehmen Bewerber gerne wahr und auch immer mehr Unternehmen erkennen, dass ein Jobangebot ebenso der Einstieg in den Conversion-Prozess ist.“

Mut zur Gratwanderung

Wie wichtig sind also Look and Feel einer Stellenanzeige, um die Aufmerksamkeit des potenziellen Kandidaten zu erlangen? Auf jeden Fall wichtig, sagt David Vitrano von Xing E-Recruiting. Doch der Vice President Marketing & New Business Sales betont: „Am Ende macht der Inhalt der Stellenanzeige den entscheidenden Unterschied. Wer kein attraktiver Arbeitgeber ist, kann das auch mit professionellen Videos nicht wettmachen.“

Nicht zu viel Text, nicht zu viele Links, von beidem aber auch nicht zu wenig und gleichzeitig soll die Anzeige auch noch auffallen – mit anderen Worten: Es ist zum Haareraufen. Eindeutige Rezepte existieren nicht und die Gratwanderung ist schwierig. Wer aus der Masse hervorstechen will, kann aber für einen abweichen- den, jedoch verständlichen Aufbau sorgen, verrät Dr. Wolfgang Achilles, Geschäftsführer von Jobware. Sicherlich, wer die Stellenanzeige mit dem Smartphone lese, wolle den Jobtitel, den Arbeitgeber und den Ort sofort sehen. Trotzdem: „Je mehr Kreativität in die Anzeige fließt, im Rahmen dessen was möglich ist und von der Zielgruppe geschätzt wird, umso höher ist die Response-Quote. Wer mehr Zeit und Energie in seine Stellenanzeigen investiert, dem gelingen deutlich mehr gute Besetzungen“, so Achilles.

Bei der Wahl des Jobtitels lauern ebenso tiefe Fallen. In großen Unternehmen verfügen die spezialisierten Recruiter oft über gute Kenntnisse im Online-Marketing. Sie analysieren mit Google Analytics, welche Jobtitel am häufigsten in einem Berufsfeld wie verwendet werden, und orientieren sich daran. Andere Unternehmen gehen dazu über, statt eines Jobtitels eine humorvolle oder provozierende Frage zu stellen. Solche Fragen sind wirkungsvoll auf Plakaten oder in Printprodukten, doch online funktionieren sie nicht. „Der Stellensuchende gibt immer einen Jobtitel in die Suchmaske ein, doch unter welche Jobgattung sollte eine Frage fallen?“ Der Geschäftsführer der Königsteiner Agentur Ralf Kuncser erinnert daran, wie wichtig die Indexierung in Suchmaschinen ist. Was Google nicht findet, gilt als verloren. Deshalb rät er auch zu deutschen Jobtiteln anstatt zu englischen, die mittels eines speziellen Job-SEO für eine prominentere Auffindbarkeit sorgen.

Die bessere Platzierung im Internet ist ein Kriterium, das Arbeitgeber gerne unterschätzen. So benutzen sie auch vielfach interne Begrifflichkeiten für einen Jobtitel. „Wer soll sich von ‚Supporter Backoffice‘ angesprochen fühlen?“, will Andreas Matthies von meinestadt.de wissen und verweist auf interne Analysen: „Ist der Jobtitel zu blumig oder abstrakt, fühlen sich Suchende nicht sofort angesprochen und die Stelle wird als uninteressant abgehakt.“

©Rawpixel.com / www.shutterstock.com
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Was bringen Fotos, Videos, Virtual Reality & Co.?

Da mittels Worten eine auffällige Textgestaltung begrenzt ist und schnell danebengehen kann, sorgt die Bebilderung für neuen Diskussionsstoff, insbesondere der Einsatz von Vi
rtual Realitity (VR). Was bringen Bilder, Videos oder Virtual-Reality-Eindrücke im Rahmen der Online-Ausschreibung? Ist es simple Effekthascherei? Keinesfalls, sagen die Diskussionsteilnehmer, vorausgesetzt sie werden am richtigen Ort eingesetzt.

Für den Einsatz von 360-Grad-Bildern in Anzeigen plädiert Jobware-Chef Wolfgang Achilles. Heute sei es ein Leichtes, diese so zu gestalten, dass der Bewerber sich über sein mobiles Endgerät – inklusive VR-Brille – umschauen und durch mehrere Räume bewegen kann; VR-Bilder seien zudem schneller und kostengünstiger zu produzieren als Filme. „So lässt sich der zukünftige Arbeitsplatz hautnah erleben, statt eines Imagebildes bekommt der Bewerber wichtige Informationen.“ Bei Jobware beobachtet man, dass Anzeigen mit solchen VR-Bildern deutlich länger betrachtet werden und mehr Bewerbungen liefern. Viele Bewerber möchten sich einen visuellen Eindruck vom Arbeitsplatz verschaffen, bestätigt auch Wolfgang Tomek, d.vinci: „Um die Arbeitgebermarke zu stärken, ist VR ein gutes Tool, das von Kunden mehr und mehr nachgefragt wird.“ Aber in Stellenanzeigen habe es nichts zu suchen und würde die Anzeige überfrachten. Doch auf der Karriereseite der Homepage sei VR neben anderen üblichen Selbstdarstellungsformen wie Storytelling über Videos absolut angebracht und sinnvoll. Dieser Einschätzung schließt sich Sebastian Rahm von Hays an: „VR ist eine Employer-Branding-Aktivität, die auf Facebook oder der Karriere-Website sinnvoll ist.“ Auch weil bei der Zielgruppe der jungen Menschen das bewegte Bild erfahrungsgemäß sehr wichtig sei. Doch andere Zielgruppen hätten andere Erwartungen. Beispielsweise erfahrene Ingenieure: „Sie suchen eher den Content und Fakten sowie einen einfachen Weg, sich zu bewerben.“

Im Prinzip herrscht Einigkeit bei den Fachleuten. Der Einsatz von Bewegtbild-Elementen, insbesondere Virtual Reality, ist für Arbeitgeber attraktiv – und wird früher oder später Einzug halten. Unterschiedliche Auffassungen gibt es beim Wo. Hat der Interessierte den Job erst einmal entdeckt, wird er mehr zum Arbeitgeber wissen wollen. Als Employer-Branding-Maßnahme können Arbeitgeber mit entsprechenden Unternehmensvideos oder Virtual Reality-Eindrücken natürlich punkten, argumentiert David Vitrano, Xing E-Recruiting: „Doch oberste Priorität ist es, dafür zu sorgen, dass die Stellenanzeige überhaupt vom potenziellen Bewerber gefunden wird, und das geht nach wie vor über den Inhalt.“

Touchpoint „Youtube“ statt Stellenanzeige?

Ob mit oder ohne Bild, die Online-Stellenanzeige ist schon lange nicht mehr der einzige Berührungspunkt zum Arbeitgeber. Andere Touchpoints sind Youtube, Facebook, Messen, Firmenevents oder Aktionen in Schulen. „Arbeitgeber müssten im Grunde für jede Vakanz eine eigene Strategie entwickeln, eins zu eins betreuen und entscheiden, welche Rolle das Bewegtbild oder andere visuelle Elemente spielen“, sagt Katrin Luzar von Monster. Kaum vorstellbar, dass Recruiting diese Komplexität bewältigen können, zudem sich eine derart gründliche Strategie auch nur bei besonders begehrten Profilen lohnen dürfte. Die zahl- reichen Touchpoints werfen allerdings die Frage auf, ob die Stellenanzeige als Ausgangspunkt der Candidate Journey mittelfristig obsolet wird?

Nein, meint Ralf Kuncser von Königsteiner, denn mit Stellenanzeigen lasse sich „relativ schnell und kostengünstig der konkrete Personalbedarf eines Kunden publik machen“. Möglicherweise kommen aber in fünf Jahren Ausschreibungen, bei denen der erste Touchpoint ein Video ist, das einen Link zur Stellenanzeige enthält.

Frank Hensgens von Indeed sieht diese Tendenz nicht: „Beim ersten Kontakt zählt die kurze, ansprechende und akkurate Information.“ Die Stellenanzeige sei international immer noch das zentrale Element bei der Mitarbeitergewinnung und die absolute Mehrheit der Kandidaten komme über die klassische Stellenausschreibung.

Der Rollentausch

Neu ist der Ansatz, aber noch selten konsequent umgesetzt: Unternehmen suchen passende Kandidaten in einer Profildatenbanken. Diesen Ansatz verfolgt Thomas Eggert, Geschäftsführer von SiiWii: „Wir drehen den Prozess um, denn zukünftig werden sich Arbeitgeber die Mühe machen, individualisiert auf den Bewerber einzugehen.“ Unternehmen suchten künftig in der Datenbank nach passenden Kandidaten und bewerben sich. Vorbei seien die Zeiten, in denen qualifizierte Fach- und Führungskräfte sich selbst bemühen. Bei SiiWii sind potenzielle Bewerber mit ihrem CV vertreten, anonym, um auch die AGG-Konformität zu gewährleisten. Erst wenn der Bewerber es wünsche, würden seine Daten freigegeben. Der Unterschied zum Active Sourcing: Bislang gleiche die Suche der Recruiter dort der Suche nach der Nadel im Heuhaufen; außerdem müsste der Arbeitnehmer in Business-Netzwerken mehr preisgeben, als er wolle. Deshalb, so Thomas Eggert, starte die Plattform zunächst im Gesundheitswesen, „hier sehen wir in der nahen Zukunft den höchsten Bedarf“.

Als spannenden Ansatz beurteilt Sebastian Rahm von Hays dieses Vorgehen, denn „die Nutzeraffinität ändert sich“. Zu beobachten sei, dass Interessierte ungern ein weiteres Formular im Bewerbermanagementsystem ausfüllen möchten. „Sie erwarten die passende Position zu finden, ohne große Klimmzüge zu machen.“ Ob Dienstleister oder Jobbörse, „es ist ihnen viel zu kompliziert geworden“. Die Generation Y bevorzuge einen Click und warte darauf, dass der Arbeitgeber auf sie zukommt.

Interessanterweise schließt aus Sicht der Kandidaten, angesprochen werden zu wollen und selbst zu suchen, einander nicht aus. Auch wenn eine Mehrheit von Kandidaten bevorzugt, von Unternehmen angesprochen zu werden, so besuchen sie weiter Jobbörsen und schauen sich nach Stellen um. Das zeigen beispielsweise Untersuchungen von Monster. Und noch ein weiteres Argument spricht für die überwiegend aktive Suche: Arbeitnehmer wollen immer vergleichen können. Wolfgang Achilles von Jobware: „Berufliche Entscheidungen lassen sich nicht anhand der beruflichen Vergangenheit prognostizieren, sondern entspringen Wünschen und aktuellen Befindlichkeiten.“

Das Dichten und Denken für das Bewerbungsanschreiben steht bei Arbeitgebern in Deutschland immer noch hoch im Kurs.

One Click oder Anschreiben?

Andere Länder sind in diesem Punkt weiter, sie verzichten auf das Anschreiben und setzen auf die One Click Application. Zwei zentrale Argumente sprechen aus Sicht der deutschen Personaler dagegen. „Unternehmen wollen die One-Click-Bewerbung aktuell nicht, sie haben Angst vor Massenbewerbungen“, weiß Katrin Luzar, Monster. Und Arbeitgeber legten Wert auf Individualität, die allerdings oft nur vermeintlich vorhanden sei, denn „etliche Bewerber lassen von anderen schreiben, was nicht im Sinne einer authentischen, individuellen Darstellung ist“. Auch deshalb würden 37 Prozent der Kandidaten gerne auf das Anschreiben verzichten.

Der Wert des sogenannten Motivationsschreibens sollte aus Bewerbersicht nicht unterschätzt werden, betont Wolfgang Tomek, d.vinci: Es sei die einzige Möglichkeit, sich vom Wettbewerb zu unterscheiden. Seine Prognose: „Das Anschreiben wird seine Relevanz behalten, schließt aber das One-Click-Modell nicht aus.“ Im Erstkontakt reiche es, das Profil hochzuladen, mit dem der Recruiter möglichst strukturierte Daten für die Vergleichbarkeit generiert. Im zweiten Schritt, wenn der Bewerber in die Short List kommt, hat er die Möglichkeit, ein Anschreiben und weitere relevante Informationen nachzufordern. „Wir bezeichnen dieses Vorgehen als Lean E-Recruiting und es setzt sich bei unseren Kunden immer mehr durch.“

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Ähnlich geht auch meinestadt.de vor. Der Erstkontakt sollte so unkompliziert wie möglich gestaltet sein, sodass der Personaler die Bewerberdaten strukturiert erfassen kann. Im zweiten Schritt können weitere persönliche Anschreiben und Dokumente nachgeliefert werden. „Nach erfolgreichem Erstkontakt sind Bewerber viel motivierter, entsprechende Unterlagen mit der nötigen Sorgfalt anzufertigen.“

Das Click-Prinzip kann funktionieren, wie der Button „Interesse bekunden“ von Xing zeigt. Auf diese Weise reagieren Fachkräfte, die zwar grundsätzlich mit ihrem Job zufrieden sind, aber neuen Möglichkeiten aufgeschlossen gegenüberstehen. Manche Unternehmen erleichtern Interessierten den Prozess, indem sie es ihnen ermöglichen, sich mit dem Xing-Profil für das Bewerbermanagementsystem auf der eigenen Karriereseite anzumelden. So würden die wesentlichen Angaben zu Person und Lebenslauf weitestgehend automatisch übernommen. David Vitrano: „Jeder Arbeitgeber muss abhängig von der Position entscheiden, wie hoch er die Hürde einer Bewerbung ansetzen möchte. Muss es die vollständige Bewerbungsmappe samt Anschreiben, Lebenslauf und allerlei Dokumenten sein oder reicht womöglich gerade bei schwer zu besetzenden Stellen die Übermittlung des Xing-Profils?“

Bei SiiWii spielt das Anschreiben gar keine Rolle mehr, was Thomas Eggert sehr begrüßt. Der Bewerber werde anhand seiner Kriterien gesucht und gefunden, das Know-how und die Bedürfnisse des Menschen ständen im Vordergrund. Potenzielle Kandidaten müssten ihre Daten nur einmal in das System eingeben, sich nicht in verschiedenen Portalen registrieren und das Anschreiben erübrige sich.

Schnittstellen: Druck ausüben hilft

Trotz Beteuerung der HR-Software-Anbieter funktioniert die Schnittstelle vom Bewerbermanagementsystem zur Jobbörse nicht reibungslos. Die Leidtragenden sind am Ende die Kandidaten und der personalsuchende Auftraggeber. „Der Leidensdruck bei den Unternehmen ist groß, aber die wenigsten geben den Druck an ihren ATS- Anbieter weiter“, schildert David Vitrano von Xing die aktuelle Situation. Dabei gehe die Schnittstellenproblematik des Applicant-Tracking-Systems für gewöhnlich nicht auf technologische Grenzen zurück. „Eine Verschiebung der Machtverhältnisse, in dem die Unternehmen die ATS-Anbieter dazu verpflichten, die nötigen Schnittstellen zum Im- und Export zur Verfügung zu stellen, wäre durchaus für alle Beteiligten wünschenswert.“

Funktionieren die Schnittstellen nicht, müssen Daten in verschiedenen Systemen gepflegt werden, es kommt zu Fehlern, erhöht den Verwaltungsaufwand und all dies führt schließlich zu einem unprofessionellen Auftritt und letztlich ineffizientem Arbeiten. Die Möglichkeit, Informationen zwischen unterschiedlichen Systemen nahezu beliebig auszutauschen, sei heute über APIs (Application Programming Interface) gegeben, stellt Wolfgang Tomek, d.vinci klar, aber „wir müssen den Kunden aufklären und die technologische Grenzen aufzeigen sowie die Technik weiterentwickeln“.

Der Ärger der Jobbörsen-Anbieter und Agenturen ist groß. Wolfgang Achilles von Jobware drückt es mit den Worten aus: „Wir sind die letzten in der Nahrungskette, uns kippt das System in der Regel einen großen Haufen Daten vor die Tür. Unsere Aufgabe ist es, hieraus erstklassige Anzeigen zu erstellen.“ Auch Ralf Kuncser von Königsteiner berichtet, dass jede einzelne Schnitt- stelle von den verschiedenen ATS-Systemen individuell angepasst und aktuell noch sehr aufwendig auf allen Seiten eingerichtet werden muss.

Dass die Schnittstellen nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis funktionieren, zeigt das Beispiel Indeed. Dort hat man keine Probleme mit der technischen Anlieferung der Anzeige, so Frank Hensgens, denn aufgrund des Cost-per-Click- Modells liege es „im Interesse der Unternehmen, Anzeigen so anzuliefern, dass sie unserer Suchstruktur entsprechen“.

Der ROI wird wichtiger

Publizierte Stellenangebote, Anzahl der Besucher, Werbeaufwand, Sichtbarkeit in Google, Anzahl und Qualität der Reichweitenpartner, Anzahl der eingegangenen CVs, erfolgte Einstellungen, Cost per Click, Cost per Application – dies und mehr könnten Kunden abfragen und analysieren, um die Leistung einer Stellenbörse zu beurteilen und die Effizienz einer Stellenschaltung zu bewerten. Dass die Mehrzahl vor dieser Analyse und einem Controlling zurückweicht, hat mehrere Gründe. Zum einen das häufig anzutreffende Zurückzucken von HR beim Thema Kennzahlen. Zum anderen fehlen vergleichbare Daten der Jobbörsen (siehe Seite 18 in diesem Heft). Zum dritten scheint eine allgemeine Zufriedenheit mit den Resultaten von Online-Ausschreibungen zu herrschen.

Doch es kommt Bewegung in diese Situation. „Unternehmen wollen zunehmend den Return on Investment von einzelnen Recruiting-Werkzeugen messen. Sie legen Wert auf Zahlen und erwarten das auch von ihren Partnern wie den Jobbörsen.“ Das registriert Indeed-Chef Frank Hensgens, der betont, mit Conversion Tracking ließe sich auch die erste Fundquelle relativ gut nachweisen. Unternehmen in Deutschland würden ihre Cost per Hire und Cost per Application wesentlich weniger messen als im Ausland. Dort sei HR viel stärker an KPIs orientiert und wolle genau wissen, „was der Recruiting-Kanal X gekostet hat“. Würden Unternehmen in Deutschland auch auf dieser Basis entscheiden, würden sie andere Sourcing-Quellen wählen, ist Hensgens überzeugt. Nicht unbedingt, wenden die Diskussionsteilnehmer ein. Sebastian Rahm argumentiert dagegen: „Die einfachste Mess- zahl ist die Anzahl der eingehenden Bewerbungen. Clicks sind zu vernachlässigen, aber nicht die erhaltenen CVs.“ Hays arbeitet mit eigenen Systemen, um auf Basis valider Daten eine Entscheidung für die passende Jobbörse zu treffen.

Masse gegen Klasse

Sehr intensiv diskutieren die Teilnehmer die Aussagekraft der Reichweite einer Stellenbörse beziehungsweise einer einzelnen Stellenanzeige. „Die Anzahl der Seitenaufrufe muss in Vergleich gesetzt werden mit der Zahl an Jobangeboten, die ein Portal insgesamt generiert. Ein kleines Fachportal kann nicht mit Millionen von IVW-Clicks konkurrieren“, gibt Ralf Kuncser von Königsteiner zu bedenken. Da sich IVW nicht als Standardinstrument für die Jobbörsen durchsetzen konnte, nutzen Unternehmen gerade für Karriere-Sites immer häufiger Google Analytics. Die Königsteiner Agentur selber benutzt für Stellenanzeigen seit Jahren ein eigenes Messverfahren, „damit wir Jobbörsen, die teilweise sehr unter- schiedliche Zählverfahren haben und damit unterschiedliche Werte messen, besser mit- einander vergleichen können“.

Die Erhebung von Kennzahlen findet Thomas Eggert von SiiWii auf jeden Fall sinn- voll, stellt aber den Vorteil seines Suchmodells heraus. „Über die KPIs sehe ich nur die Menge der Kandidaten, die sich die Anzeige angeschaut hat. Welche Motivation diese dazu hatten, sehen Recruiter nicht.“ In der Profildatenbank würden Unternehmen sofort erkennen, wie viele Kandidaten mit welcher Qualifikation für die gesuchte Besetzung existieren. Hier liege der entscheidende Nutzen: qualifizierte Lebensläufe zu bekommen, die genau auf das Jobprofil passen.

Spielte bisher die Quantität eine entscheidende Rolle, setzt nun ein Umdenken ein. Wolfgang Tomek von d.vinci trifft immer häufiger auf Kunden, die die Anzahl erfolgter Einstellungen zur Anzahl der Bewerbungen – also die Qualität – messen wollen. Big-Data-Auswertungen ermöglichten heute schon Benchmark-Möglichkeiten und Predictive Analytics. „Welche Stellenanzeigen mit welchen anderen oder ähnlichen Positionsbezeichnungen und Schlagwörtern waren besonders erfolgreich?“ Diese Instrumente im Rahmen der Digitalisierung werden auch im Recruiting Einzug halten, um die Qualität der Erfolgsquote bereits im Vorfeld zu beeinflussen.

©lassedesignen / www.shutterstock.com
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Messung aller Touchpoints

Etliche Recruiter analysieren nicht mehr nur die Ergebnisse der Jobbörsen- oder Netzwerkaktivitäten. Vielmehr beobachtet David Vitrano von Xing, dass heutzutage Recruiter wissen wollen, wie effizient ein Kanal im Vergleich zu anderen Kanälen, wie etwa Mitarbeiterempfehlungen, ist. „Diese Transparenz lässt sich nur in Zusammenarbeit mit den Unternehmen darstellen.“

Auch Katrin Luzar von Monster verweist darauf, dass eine korrekte Analyse alle Touchpoints mit dem Kandidaten umfassen müsse. Im Recruiting-Prozess könne eine Jobbörse leider häufig nur bis zu einem gewissen Punkt belegen, dass dieser Kandidat über die Jobbörse gekommen ist. Zudem am Ende des Tages der Bewerber angibt, die Stellenanzeige auf der Karrierewebseite gefunden zu haben. „Der Kandidat bestimmt die Herkunft der Bewerbung und nicht die Statistik.“ Nur diese liefert aber neutrale Daten, wie sie in Form von KPIs auch zunehmend nachgefragt würden.

Während die einen schon Big-Data-Analysen heranziehen, wählen andere Recruiter die Jobbörse noch nach persönlichem Eindruck aus. Sicher ist: Das Thema „Leistung messen und bewerten“ wird das Online- Recruiting nicht mehr loslassen. Wünschenswert ist, dass sich die Verantwortlichen qualifizieren, um die bislang noch sehr unterschiedlichen Messdaten zu durchschauen. Unterstützen sollten sie dabei die Jobbörsen-Anbieter, bei denen die Datentransparenz aktuell oft noch im Nebel liegt.

Autorin: Christiane Siemann, freie Journalistin, Bad Tölz

Den Originalartikel finden Sie hier zum Download.

Quelle: “Personalwirtschaft, Ausgabe 11.2016”

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