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    Arbeitsrecht und Datenschutz: Diesen Anspruch haben Bewerbende

    In Unternehmen bzw. in der Recruiting-Abteilung ein alltäglicher Vorgang: Zu einer ausgeschriebene Stelle gehen Bewerbungen ein.

Die Bewerbungen werden sortiert, bewertet und ggfs. werden Bewerbende zum Gespräch eingeladen. Aber was passiert, wenn Bewerbende wissen möchten, welche Daten über sie gespeichert werden (Auskunftsersuchen) und wann müssen diese gelöscht werden (Aufbewahrungs- bzw. Löschfrist)? Wir klären auf.

Auskunft nach Artikel 15 DSGVO

Grundsätzlich gelten im Zusammenhang mit Bewerbungen besonders strenge Datenschutzrichtlinien, da mit sensiblen, personenbezogenen Daten gearbeitet wird (Recht auf informationelle Selbstbestimmung). Daher kommt es immer häufiger vor, dass Bewerbende wissen möchten, welche Daten von ihnen verarbeitet und gespeichert werden.

Ersucht ein:e Bewerbende: Auskunft über seine Daten, betrifft das im Normalfall alles, was er/sie auch schon kennt: Daten aus der Bewerbung und eine Korrespondenz mit dem Unternehmen. Idealerweise haben Bewerbende im Bewerbungsprozess nach Artikel 6 Abs. 1 a) eingewilligt, dass ihre Daten verarbeitet werden. Damit Bewerbende hier schon allumfassend gemäß Art. 13 DSGVO informiert sind, sollten folgende Dinge benannt werden:

  • Welche personenbezogenen Daten werden erhoben?
  • Wer verarbeitet die Daten?
  • Woher stammen die Daten?
  • Wie lange werden die Daten gespeichert?
  • Welche Rechte haben Bewerbende (Recht auf Auskunft, auf Berichtigung der Daten und auf Löschung)

Eine rechtliche Grauzone stellen nach Artikel 15 Absatz 3 DSGVO weitere Daten dar, die im Bewerbungsprozess entstanden sind. Beispielsweise interne Notizen oder Ergebnisse eines Bewerbendenscreenings. Einige Gerichte bejahen einen Anspruch auf Auskunftspflicht, andere nicht.

Eine weitere Schwierigkeit stellen Daten dar, die nicht nur Informationen über die Bewerbenden preisgeben, sondern auch über andere Beteiligte am Prozess (z.B. Mitarbeitende der Personalabteilung oder der Fachabteilung). Hier bestünde ein Verweigerungsgrund im Sinne des Artikels 15 Absatz 4 DSGVO, um die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden der Personalabteilung zu schützen.

Aufbewahrung von Daten und Anspruch auf Löschung

Das Wichtigste zuerst: Auch und gerade bei einer Absage einer Bewerbung gilt der Datenschutz. Der Zweck der Verarbeitung der personenbezogenen Daten gilt nur, solange sie nicht abgesagt oder seitens des/der Bewerbenden zurückgezogen wurde.

Auch wenn es explizit in keinem Gesetz steht, hat es sich gewohnheitsrechtlich etabliert, dass Bewerbungen erst nach sechs Monaten gelöscht werden müssen. Wie kommt es zu dieser Frist?

Wenn ein:e Bewerbender der Auffassung ist, bei der Auswahlentscheidung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt worden zu sein, hat er/sie die Möglichkeit gegen die Entscheidung zu klagen. Die Bewerbungsunterlagen sind daher von dem potentiellen Arbeitgeber in aller Regel bis zum Ablauf der Frist einer möglichen Klage gegen die Auswahlentscheidung im Bewerberverfahren aufzubewahren, um keine Schwierigkeiten mit der Beweislast zu haben.

Kommt es innerhalb der möglichen Klagefrist nicht zu einer Klage, müssen gem. Art. 17 DSGVO die Bewerbungsunterlagen gelöscht werden. Die Frist ergibt sich aus der Überlegung, dass der potentielle Arbeitgeber nach sechs Monaten in aller Regel nicht mehr mit einer Klage rechnen muss.

Dementsprechend muss die Bewerbung aber auch bei einer Selbstabsage des/der Bewerbenden, in einer viel kürzeren Frist, einige Datenschutzbehörden fordern dies bereits nach zwei Wochen, gelöscht werden. Warum? Weil der potentielle Arbeitgeber bei einer Selbstabsage nicht mit einer Klage wegen AGG-Verstoßes im Auswahlverfahren rechnen muss.

Die sechsmonatige Löschfrist gilt jedoch nicht, wenn Bewerbende bezüglich einer längeren Aufbewahrung (z.B. durch das Hinzufügen zu einem Talentpool) zugestimmt haben. Aber auch wenn ein:e Bewerbende:r einwilligt, in einen Talentpool aufgenommen zu werden, sollte in regelmäßigen Abständen von z.B. einem Jahr, diese Einwilligung erneut eingeholt werden.

Auch im Falle des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses dürfen Arbeitgeber mit den erhaltenen Daten nicht machen, was sie möchten. Die Daten sind nun darauf zu prüfen, ob sie für das Arbeitsverhältnis eine Rolle spielen. Wenn nicht, sind die unverzüglich zu löschen.

Fazit

In den beschriebenen Fällen wird deutlich, dass der Umgang mit Bewerbendendaten sehr sensibel zu handhaben ist und durchaus komplex sein kann. Im Artikel wurden nur die gängigen Fälle oberflächlich beleuchtet – häufig hängen noch mehr Dinge daran, auf die geachtet werden muss. Beispielsweise ist die „Löschung“ von Daten nicht einfach das Verschieben einer Bewerbung aus dem E-Mail-Posteingang in den digitalen Papierkorb. Die korrekte und komplette Löschung muss sichergestellt werden. Existieren Kopien oder gar Ausdrucke müssen diese ebenfalls entsorgt werden – idealerweise in einer Datenschutztonne, deren Inhalt nicht einsehbar ist und regelmäßig vernichtet wird.

Auch der Fall einer Mitarbeiterempfehlung ist nicht so einfach: Bevor eine Empfehlung weitergegeben werden darf, muss die Einwilligung der Person eingeholt werden (Artikel 6, Absatz 1 DSGVO).

Wir als d.vinci empfehlen daher, neben der regelmäßigen datenschutzrechtlichen Sensibilisierung der Mitarbeitenden, in jedem Fall mit digitalen Softwarelösungen zu arbeiten (z.B. einem Bewerbermanagementsystem), um die DSGVO von vornerein und allumfassend sicherzustellen.

Quellen:

https://kolb-blickhan-partner.de/betroffenenrechte-im-bewerbungsprozess

https://www.datenschutzexperte.de/blog/datenschutz-im-unternehmen/datenschutz-im-bewerbungsprozess

https://www.ecovis.com/unternehmensberater/aufbewahrungsfristen-fuer-bewerbungen/#:~:text=4%20AGG%20d%C3%BCrfen%20abgelehnte%20Bewerbungsunterlagen,17%20DSGVO%20zu%20l%C3%B6schen

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